Neuland umter´m Ski

Mit Skiern von Zinnwald nach Schöna, das ist für skifahrende sächsische Bergsteiger ein Traum, der nur bei sehr guten Schneeverhältnissen erfüllt werden kann. Wann liegt schon im mitteleuropäischen Winter bis 200m über NN herab genügend Schnee?

Schon oft habe ich von der „Hohen Tour“ erzählen gehört, aber noch nie mich damit richtig befasst. Als Uwe mich zu Weihnachten anspricht, diese Skitour zu machen, bin ich sofort begeistert. Aber genügend Schnee muß liegen. Oder ist das nur eine Ausrede, weil ich in diesem Winter noch keinen Meter Ski gefahren bin? Ein Fehlversuch von Frank gibt mir Recht.

Über Sylvester kommt der große Schnee. 20cm sind in Dresden liegen geblieben. Jetzt kann es beginnen! Gespräche mit Freunden ergeben eine schlagkräftige Truppe. Für den Samstag ist schönes Wetter angesagt. 6.34 Uhr ab Hauptbahnhof fährt ein Bus nach Zinnwald. 50 Sitzplätze sind besetzt. Die Gespräche gehen alle um dasselbe Thema. Wieviel km sind es, 50, 60 oder gar 70? Wo geht die genaue Strecke lang? Schafft man die Tour bei Tageslicht? usw. Wir sind also heute nicht die Einzigen.

8.11 Uhr sind wir in Zinnwald. Uwe, Bernd, Frank, Heike, Steffen und ich. Es ist mittlerweile hell geworden, obwohl die Sonne noch fehlt; am Geising ist sie aber schon zu sehen. In Dresden waren heute früh minus 13 Grad, hier sind es laut Thermometer am Grenzübergang nur minus 3 Grad. Wunderschön!

Schnell sind wir in der richtigen, uns hier noch bekannten Spur. Bald finden wir bei herrlichem Sonnenschein unseren Rhythmus. Alle hier mit Rucksack zügig laufenden Skifahrer, und das sind nicht wenige, haben das gleiche Ziel: die Elbe. Die Loipe über das Mückentürmchen nach Adolfsgrün verläuft immer über den Kamm und ist kaum zu verfehlen. Das Wetter könnte schöner nicht sein. Windstille, Sonnenschein und eine Aussicht, wie man sie nur selten erlebt. Das Böhmische Mittelgebirge zum Greifen nahe, die Lausitzer Berge klar und deutlich und ganz in der Ferne die Spitzen des Riesengebirges. Trotz der verordneten Eile schweift der Blick immer mal wieder in die Ferne. Aber auch die heutigen Ziele liegen klar und deutlich vor uns: der Hohe Schneeberg und die Zschirnsteine.

Nach knapp 2 Std. haben wir Adolfsgrün erreicht. Nun beginnt für uns Neuland.
Bei der schnellen Weiterfahrt im Schlittschuhschritt auf der nicht gstreuten und schön festgefahrenen Straße nach Schönwald verpassen wir die richtige Streckenführung. Ich mache zwar Frank mehrfach darauf aufmerksam, daß wir nach rechts müssen, fahre aber trotzdem weiter mit; es geht ja gerade so schön! Nach ca. 3 km bemerken wir den Irrtum. Was tun? Weit in der Ferne am Horizont sehen wir eine „Karawane“ ziehen. Dort muß die richtige Wegführung sein. Zwichenzeitlich haben sich auch noch andere Verirrte von mehreren Seiten bei uns eingefunden. Wir sind also nicht die einzigen „Blöden“. Zum Glück ist der Schnee auf den Feldern gut zu befahren. Als Einziger bekommt Steffen eine Blessur von diesem Umweg ab. Er sieht den Weidezaundraht in ca. 20cm Höhe nicht. Dafür sieht er nun einige Tage eine Wunde über seinem rechten Fuß.
Die Wegeführung nach Tyssa ist nun etwas kompliziert. Wir halten uns an die Spuren unserer Vorgänger. Am Mahlteich, an den Häusern von Jungferndorf und dem Sansteinfels am Sandkopf vorbei geht es talwärts und damit den ersten Stürzen im Tiefschnee entgegen, von denen heute keiner verschont bleibt. Ein längerer Anstieg in Richtung Tyssa geht mir mächtig über die Kräfte (ich hätte sollen vorher noch mal Steigwachs aufbringen!).

Erstaunlicherweise ist es schon 12.45 Uhr als wir in die erste Gaststätte einrücken. Ein Tisch für 6 Personen ist gerade noch frei. Alles andere ist bereits von Hohe-Tour-Skifahrern belegt. Das Bier schmeckt vorzüglich und das Sitzen tut gut. Obwohl es bis zum Essen etwas lange dauert, vergeht die Ruhezeit recht schnell. Auf den Tischen liegen Landkarten, zum Teil gescannte mit eingetragenem Routenverlauf. Alle haben Vorstellungen zum Weiterweg, aber keiner kennt ihn genau. Wir entscheiden uns schließlich für den sichersten, weil einigermaßen bekannten Weg über Schneeberg, Rosenthaler Straße, Fuchsteich, Taubenteich nach Schöna.

14 Uhr brechen wir auf. Etwas spät schon, aber das Ausruhen hat gut getan. Nun geht es teils laufend, teils fahrend die Straße entlang nach Schneeberg. Unterwegs treffen wir wieder auf die vor uns aus der Gaststätte gestartete Truppe. Wir werden uns bis Schöna noch mehrmals begegnen. Die 5 km Bis zum Dorf Schneeberg vergehen recht schnell. Die Straße ist wenig gestreut, so daß der Schlittschuhschritt ein schnelles Vorwärtskommen ermöglicht. Über einige Waldwege, bestimmt nicht immer optimal, erreichen wir bald den Grenzübergang an der Rosenthaler Straße. Vorher treffen wir noch Jürgen, Jens und Anna, die etwas später in Zinnwald gestartet sind. Gemeinsam geht es jetzt die Fuchsbachstraße abwärts, den Hühnerbergweg hinauf und steile, enge Abfahrten durch Niedrigwaldbestand zum Fuchsteich hinab. Hier gibt es wieder einige Stürze in den Pulverschnee. Erneuter Anstieg und unangenehme Abfahrten über glattgefahrene, teils vereiste Waldwege und einen Hohlweg zum Krippenbach. Der Gliedenbachweg bis zum Böhmischen Tor muß teilweise gelaufen werden, da hier gestreut ist. Nur Bernd fährt alles, er hat seine alten Skier mit.

Inzwischen ist es 17 Uhr geworden. Obwohl klarer Himmel, wird es nun doch dunkel. Wir hatten es erwartet und setzen sicherheitshalber die noch abgeschalteten Stirnlampen auf. In zügiger Fahrt geht es jetzt den Marktweg abwärts. Auf teils vereister Strecke im Dunkeln ist das gar nicht so einfach. Einige Stürze belegen das. So fahren ungefähr 25 Leute im Finstern über den Reuterhof in Schöna ein. Das erste Ziel ist eine Gaststätte. Alle Plätze sind besetzt. Uwe bekommt von einem Skifahrer zugerufen: „Wär’t ihr etwas schneller gefahren, so hättet ihr jetzt hier einen Sitzplatz“. Durst kann man aber auch im Stehen löschen. Deshalb wird ein Tablett Bier bestellt und im Hausflur getrunken. Der Weg zum Bahnhof ist nun nicht mehr weit. Neben der Straße läßt es sich mit Stirnlampenlicht auch gut fahren. Von der Waldgrenze an laufen wir dann zum Bahnhof Schöna. Somit erreichen wir 18.10 Uhr unser Ziel, zwar müde, aber doch sehr glücklich und zufrieden.

Ich weiß nicht, wieviel Leute an diesem schönen Wintertag die Hohe Tour gemacht haben. Wir waren eine große Gemeinschaft. Bekannte und Unbekannte haben wir mehrmals getroffen und immer, wenn einer mit Rucksack zügig in Richtung Elbe fuhr, wußten wir, der gehört zu uns.

Wegverlauf:
Zinnwald-Mückentürmchen 8 km

Straßengrenzübergang, links ab gespurte

Loipe und Erzgebirgsskimagistrale (wenig Höhenunterschiede)
Mückentürmchen-Adolfsgrün (Adolfov) 5 km

Magistrale über Ebersdorf (leicht abfallend)

Adolfsgrün-Jungferndorf (Panenska) 7 km

am Ortsausgang Adolfsgrün rechts ab

rote Markierung nach Tyssa (welliges Gelände)
Jungferndorf-Tyssa 6 km

rote Markierung am Ziegelteich vorbei (längere Abfahrt und Wiederaufstieg)

Tyssa-Grennzübergang Rosenthal 7 km

Straße nach Dorf Schneeberg,links ab zur Straße nach Rosenthal, Grenzübergang (anfangs steigend, dann gerade-viel Straße)

Rosenthaler Straße-Taubenteich 6 km

Fuchsbachstraße, Fuchsteich, Hühnerbergweg (stark bergig, Abfahrten steil und schmal)

Taubenteich-Böhmisches Tor 6 km

gelbe Markierung, Krippenbach querend (bergig, langer Anstieg über Gliedenbachweg)

Böhmisches Tor- Bahnhof Schöna 7 km

Alter Marktweg, Reuterhof, Schöna, Bahnhof (fast ausschließlich Abfahrten)

Gesamtstrecke: 52 km (Luftlinienentfernung)
+15% für Berge und Umwege = 60 km

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